Leserbriefe
11.10.2025 Das Wolfsrudel im Paterdammer Wald
Auch hier erschienen mit Bildern.
Die Göttiner Bürgerinitiative Naturnahe Orts und Stadtteile e.V. (GBNO) wurde von Spaziergängern und Pilzsuchern darauf aufmerksam gemacht, dass im Waldgebiet Paterdamm/ Krahne Schilder an den Wanderhinweisen angebracht wurden mit der Aufschrift: „Wolfsgebiet“. Diese Schilder haben keinen offiziellen Charakter. Tatsächlich lebt ein Wolfsrudel vor Ort und hat inzwischen Nachwuchs bekommen.
In der Abteilung Naturschutz und Brandenburger Naturlandschaften“ des Landesamtes für Umwelt ist dies offiziell bekannt. Das betroffene Gebiet wird nun in die jährlich aktualisierten Karten des Landesamtes für Umwelt mit aufgenommen werden. Die Größe des Wolfsgebietes ist noch nicht final festgelegt, doch der Katalog der Brandenburgischen Wolfsgebiete wird bis Ende Oktober erstellt. Zeitgleich läuft gerade bis zum 21. Oktober noch die öffentliche Auslegung des Regionalplans Havelland-Fläming 3.0, in dem ein „großflächiger gewerblich-industrieller Vorsorgestandort“ (GIV) für das gleiche Gebiet geplant ist.
Der Wolf: eines der am weitesten verbreiteten Säugetiere der Erde erkundet, unter strengen naturschutzrechtlichen Zwängen und Begleitung, ein neues Revier. Nachdem er in weiten Teilen West- und Mitteleuropas im 18. und 19. Jahrhundert ausgerottet war, wandern nunmehr unter günstigen Bedingungen Wölfe aus Polen nach Deutschland. Obwohl der Wolfs-Schutzstatus mit Beschluss des Europäischen Parlaments von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herab gestuft worden ist, spielt der Wolf eine entscheidende Rolle im Ökosystem. Als natürlicher Jäger erhält er das biologische Gleichgeweicht. Er erlegt kranke und schwache Tiere und fördert so die Gesundheit der Wildtierpopulationen.
Auch die dort ansässigen Seeadler verkleinerten die ursprünglich geplante Fläche des GIV bereits erheblich, und die von der Landes Entwicklungsplan Hauptstadtregion LEP HR festgelegten Bedingungen für ein derartiges raumbedeutendes Projekt im Wald sind nach wie vor nicht gegeben. Einige politische Akteure möchten nun aber doch noch vor der abschließenden Bewertung des Regionalplanes Havelland Fläming 3.0 Fakten schaffen und locken die Gemeindevertreter von Kloster Lehnin und Brandenburg an der Havel mit dem Versprechen von vielen Arbeitsplätzen und einer Magnetwirkung für die ganze Region zum Beschluss eines B- Plan Verfahrens.
Nun ja, die öffentliche Auslegung ist im vollem Gange. Wir als Bürgerinitiative und betroffene Bürgerinnen und Bürger werden unsere Bedenken der Regionalen Planungsgemeinschaft erneut mitteilen. Während sich mehrheitlich die kommunale Politik auf einer „Nur Gefühlsebene“ und polemischen Basis gegen alle richtet, die sich gegen eine Entwicklung von Industrie und Gewerbe im Paterdammer Wald stellen, merkt man sehr schnell: Die Hausaufgaben wurden einfach nicht gemacht. Zurück zum Wolfgebiet: Da sich Wölfe eher in größeren zusammenhängenden und naturbelassenen Gebieten niederlassen, ist es wohl sehr fraglich, ob es in Deutschland bereits Fälle gab, in denen eine gewerbliche Ansiedelung in Wolfsgebieten erlaubt wurde.
Die Idee zur Rodung von Wäldern, die integraler Bestandteil von zusammenhängenden Naturflächen und Naturschutzgebieten sind, hätten die gewählten Vertreter von Anfang an als kritisch betrachten müssen. So ignorieren sie aber schlicht die Bedenken der eigenen Behörden die vor den schwierigen Umständen bereits gewarnt haben. Wir bleiben unbeirrt bei unseren Argumenten: Für ein GIV fehlt ein weiterer Verkehrsträger neben der Autobahn. Da einige Aussagen des Entwicklers auf Windkraftanlagen zur Versorgung des GIV hinweisen, wiederspricht es ebenfalls dem Bundesnaturschutzgesetz im §7 Absatz.2 Nr. 14. zum Seeadlerschutz. Es widerspricht an vielen Punkten den LEP HR- Landes Entwicklungsplan Hauptstadtregion. Politische Willensbildung, ohne weiter die Hintergründe zu beleuchten, ist für die GBNO keine logische Herangehensweise. Wir erwarten von unseren kommunalen Vertretern eine Überprüfung nach gesetzlichen Bestimmungen.
Wir drängen darauf, noch vor einem politischen motivierten Schnellschuss, zunächst sämtliche Fakten zu betrachten. Die einfachen Bilder eines eigennützig agierenden Projektentwicklers sind schön anzusehen, erzeugen aber kein seriöses Gesamtbild.
29.09.2025 Es geht los – neues Gewerbe muss her – Stadtverordnete werden endlich gefragt
In seinem Bericht zu wichtigen Gemeindeangelegenheiten informierte Oberbürgermeister Scheller am 24. September 2025 nun endlich auch offiziell seine Stadtverordneten. So erhalten diese wohl am kommenden Montag eine „Vorlage zur Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens“ für die städtischen Flächen, die in dem geplanten großflächigen industriellen Vorsorgestandort (GIV) im Regionalplan der Regionalen Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming enthalten sind.
Gut, dass der OB nun endlich die gewählten Volksvertreter offiziell informiert und ins Verfahren einbindet. Völlig unverständlich ist aber, dass ein Bebauungsplanverfahren VOR dem Abschluss der übergeordneten Regionalplanung begonnen werden soll! Momentan befindet sich der 2. Entwurf des Regionalplans Havelland-Fläming 3.0 vom 26. Juni 2025 noch bis zum 21. Oktober 2025 im öffentlichen Auslegungsverfahren. Die zuständige Regionalversammlung Havelland-Fläming hat den neuen Regionalplan noch nicht abschließend beraten und beschlossen! Im Rahmen des öffentlichen Auslegungsverfahrens werden jetzt die Stellungnahmen aller Betroffenen eingeholt.
Wir fragen:
Was sind die Gründe für den vorzeitigen Start eines Bebauungsplanverfahrens durch die Stadt Brandenburg und den Landkreis Potsdam-Mittelmark? Gibt es konkrete Ansiedlungspläne von Investoren? Wenn ja, welche Investoren und welche Projekte?
Die Göttiner Bürgerinitiative Naturnahe Orts- und Stadtteile e.V. (GBNO) begleitet seit dem Jahr 2021 intensiv die Bestrebungen der Stadt und der Regionalen Planungsgemeinschaft, einen GIV im Wald zwischen Göttin, Paterdamm, Rotscherlinde und Krahne zu etablieren.
Nur: Der Standort ist nachweislich ungeeignet, wenn man die Kriterien eines GIV nach dem Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion (LEP HR) beachten würde. Leider ignorieren die maßgeblichen Befürworter des GIV jene Kriterien, die klar gegen einen großflächigen industriellen Vorsorgestandort sprechen! Die Regionale Planungsgemeinschaft agiert hier als ein sogenannter „Möglichmacher“.
Folgt man den aktuellen Medienberichten, sind die Absprachen scheinbar längst getroffen. So sind die Entwicklungsabsichten durch die Lüder-Gruppe, GICON (rund um den ehemaligen Brandenburgischen CDU-Chef Ingo Senftleben) und die Herren OB Scheller (CDU) und Bürgermeister Brückner (parteilos) wohl längst abgestimmt.
Was soll nun also ein solcher vorauseilender Aufstellungsbeschluss eines konkretisierenden Bauleitplanverfahrens?
Wir erinnern uns: Um im Regionalplan ein GIV auszuweisen, benötigt es neben der bestehenden Anbindung an Straße / Autobahn einer weiteren zusätzlichen leistungsfähigen Verkehrsanbindung wie z.B. einen Bahnanschluss oder eine Wasserstraße. Die letzteren beiden Anbindungen wird es am geplanten Standort wohl rein topografisch nie geben. Die Genehmigung eines großflächigen industriellen Vorsorgestandorts bedarf zudem der Zustimmung der sogenannten „Belegenheitskommune“. Die betroffen Stadt bzw. Gemeinde wird also vorab gefragt, ob sie einer solchen Ausweisung zustimmen würde - oder eben nicht.
Bereits mit Stellungnahme vom 3. Februar 2021 begrüßte es Oberbürgermeister Scheller im Namen der Stadt Brandenburg an der Havel außerordentlich, dass es der Regionalen Planungsstelle gelungen sei, einen Standort für großflächige gewerblich-industrielle Ansiedlungen im Gebiet der Stadt Brandenburg an der Havel zu lokalisieren. Die Stadtverordnetenversammlung (SVV) bezog OB Scheller schon damals nicht mit ein. Das machten andere Belegenheitskommunen besser. So ließ u.a. die Landeshauptstadt Potsdam ihre Stellungnahme zu einem GIV per SVV-Beschluss abstimmen.
Wir fragen uns: Ist eine echte Mitsprache durch die nun eingebrachten Vorlagen in die politischen Gremien wirklich gewünscht? OB Scheller nahm für die Stadt Brandenburg an der Havel mehrfach Stellung und begrüßte den geplanten Standort im Göttin-Paterdammer Wald. Die gewählten Volkvertreter der SVV wurden nicht beteiligt.
Der aktuelle Vorstoß von Kloster Lehnin und der Stadt Brandenburg – vor Auswertung der Öffentlichen Beteiligung zum (durch die Regionalversammlung gebilligten) 2. Entwurf des Regionalplans 3.0 – geschieht zur Unzeit!
Sollte in einem demokratischen Rechtsstaat nicht zunächst der Regionalplan Rechtskraft erlangen, oder zumindest die Öffentliche Auslegung ausgewertet worden sein?
Wir freuen wir uns natürlich, dass nun endlich auch die Stadtverordneten zu so einem bedeutsamen Thema ein Mitspracherecht erhalten. Unsere Petition mit über 2200 Untersc
hriften gegen den GIV wurde allerdings in der SVV leider nicht beraten und zur Abstimmung gestellt! Es wurde lediglich berichtet.
Obwohl wir wirtschaftliche Ansiedlungen im Stadtgebiet ausdrücklich begrüßen, lehnen wir den gewählten Standort – u. a. auch aus raumordnerischen Gesichtspunkten - ab! Noch kann man beim Blick von der Friedenswarte auf dem Marienberg die sanften bewaldeten Höhen der Zauche am südlichen Stadtrand der Stadt Brandenburg bewundern. Nach Abholzung des Waldes und Bebauung mit hohen industriellen Zweckbauten wird man nur noch eine typische Fabriksilhouette sehen, die nachts sehr grell über Brandenburg an der Havel leuchten wird. Wir rufen hiermit die Stadtverordneten auf, einer grundsätzlichen Entscheidung der Ausweisung eines GIV nicht vorzugreifen, indem Sie einer konkretisierenden Bauleitplanung zustimmen, bevor die Regionalplanung ihr eigenes Verfahren abgeschlossen hat!
12.09.2025 Kloster Lehnin gegen GIV?
Startschuss: GIV soll entwickelt werden - Ziel verfehlt?
Mit einem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Gewerbe- und Industriestandort Piperfichten“ im Bereich des „großflächig gewerblich-industriellen Vorsorgestandortes Paterdamm-Krahne“ (GIV) möchte die Gemeindevertretung von Kloster Lehnin schnell Fakten schaffen! (siehe MAZ-Artikel oder Meetingpoint-Artikel)
Obwohl die öffentliche Anhörung zum 2. Entwurf des Regionalplans 3.0 gerade erst gestartet wurde (diese läuft bis 21. Oktober 2025), überraschte nun die Verwaltung der Gemeinde Kloster Lehnin mit einer Beschlussvorlage für einen konkretisierenden(!) Bebauungsplan im Areal des geplanten GIV.
Der zweite vor dem ersten Schritt?
Im Ausschuss für Bauen, Feuerwehr, Wirtschaft und Umwelt stimmten die Mitglieder nach einer regen Diskussion mehrheitlich für den Start des konkretisierenden Bebauungsplanverfahrens. Die Kommune möchte demnach keine Zeit verlieren!
Aber ist dieser Zeitpunkt richtig? Wir meinen: Nein! Vielmehr könnte die Entscheidung den gewünschten GIV sogar torpedieren!
Aber der Reihe nach:
Die Göttiner Bürgerinitiative Naturnahe Stadt- und Ortsteile (GBNO) setzt sich seit dem Jahr 2021 für den Erhalt des Göttin-Paterdammer Waldes ein. Schon damals war es dem Zufall bzw. kruden Begründungen lokaler Politiker über Verkehrsentlastungen geschuldet, dass die Bürgerschaft überhaupt vom Vorhaben erfahren hatte. Demnach sollte im Göttin-Paterdammer Wald ein GIV ausgewiesen werden.
Ein GIV unterliegt bekanntlich wesentlichen Kriterien, die im Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion (LEP HR) definiert sind.
Bereits in der Aufstellung des Regionalplans plante die Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming mit Kriterien, die nicht den Sollvorgaben des LEP HR entsprechen: der GIV hätte demnach niemals „gefunden“ werden dürfen.
Mit dem 2. Entwurf des Regionalplans reduzierte nun die zuständige Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming den GIV von ursprünglich 400 Hektar auf immer noch ca. 170 Hektar. Diese wichtigsten Kriterien des LEP HR sind allerdings auch weiterhin nicht erfüllt.
Hinsichtlich des neuen Regionalplanentwurfes hatten wir in einer Petition starke (ca.) 2300 Stimmen „für den Erhalt des Göttin-Paterdammer Waldes“ gesammelt. Wir forderten die Gemeindevertreter der Stadt Brandenburg an der Havel und der Gemeinde Kloster Lehnin auf, den GIV aufgrund seiner Nichteignung abzulehnen.
Obwohl die Ausweisung eines GIV die Zustimmung der betroffenen Kommune voraussetzt, hat die Stadt Brandenburg an der Havel bis heute nicht das demokratische Mittel genutzt, ihre Stadtverordnetenversammlung über diesen abstimmen zu lassen. Kloster Lehnin war da schon weiter: die Gemeinde ließ ihre Vertreter darüber befinden.
Ob die nun eigenständigen Auslegungen eines Bebauungs- sowie Flächennutzungsplans zur gewünschten Ansiedlung eines Industriegebietes mit einer Orientierungsgröße von 100 Hektar beiträgt, bleibt mindestens zweifelhaft. So wollte die Gemeinde Kloster Lehnin z. B. „großflächige Photovoltaik“ und „Windkraftanlagen“  in ihrer Ausschusssitzung zumindest nicht ausschließen.
Die versprochene Entwicklung innerhalb eines GIV sollte allerdings einer einzigen Ansiedlung in der genannten Größe vorbehalten sein.